„Ich gebe Ihnen ein abschreckendes Strafmaß, damit die Öffentlichkeit vor Menschen wie Ihnen geschützt wird und wir nicht in Versuchung kommen, dieses abscheuliche Beispiel nachzuahmen“, sagte der malawische Richter Nyakwawa Usiwa-Usiwa zur Begründung der Höchststrafe zu den Verurteilten. Sie hätten gegen die „natürliche Ordnung“ verstoßen.
Steven Monjeza, 26, and Tiwonge Chimbalanga, 20, sind am 27. Dezember verhaftet worden, einen Tag nachdem sie öffentlich ihre Verlobung feierten – die erste zwischen Schwulen in Malawi – wegen „Erregung öffentlichen Ärgernisses“ und „unnatürlicher Akte“. Am 20. Mai wurde Monjeza wegen Analverkehr verurteilt, Chimbalanga weil er ihn zugelassen hat.
Homophobie ist kolonialistisch
Obwohl vor allem der Präsident von Malawi, Bingu wa Mutharika, nicht müde wird zu betonen, dass Homosexualität ein nicht-malawisches, sondern ein ausländisches Phänomen sei, teuflisch und von den Kolonialmächten eingeführt – ist gleichgeschlechtliche Liebe in der afrikanischen Geschichte gut dokumentiert. Nur Homophobie ist kolonialistisch. In 38 von 53 afrikanischen Staaten steht Homosexualität unter Strafe, teilweise droht sogar die Todesstrafe – nur in Südafrika sind gleichgeschlechtliche Zivilehen erlaubt.
Das Gesetz, das diese brutale Rechtssprechung möglich macht, stammt aus der Zeit englischer Kolonialisierung. Seit der Missionierung, angestoßen durch den bis heute verehrten David Livingstone 1859 und der Gründung der englischen Kolonie Njassaland 1907, ist Malawi ein extrem christliches und konservatives Land. Den Prozess gegen Chimbalanga und Monjeza verfolgten Tausende aufgebrachte Malawier, die noch härtere Strafen forderten. Auch die Medien beteiligten sich an der Schwulenhetze. Die konservativen Zeitungen in Malawi titelten am Tag nach dem Urteil: „Schuldig im Sinne der Anklage“ (The Nation) und „Schwule schuldig“ (Daily Times). Auch die Kirche ist ein wichtiger Katalysator homophober Bestrebungen wie die Ausführungen von Pastor Mario Manyozo von der Word of Life Tabernacle Church in Malawi offenbaren: „Homosexualität ist gegen Gottes Schöpfung und ein teuflischer Akt, weil Schwule von Dämonen besessen sind.“
In Freiheit in Gefahr
Menschenrechtler auf der ganzen Welt kritisierten das Urteil. Amnesty International nannte es eine „Schande“, erklärte die beiden Verurteilten zu gewaltlosen politischen Gefangenen und setzte sich für ihre Befreiung ein. Ein weiteres Druckmittel kam hinzu: Malawi, eines der ärmsten Länder der Welt, ist zu 40 Prozent seines Staatshaushalts von Entwicklungshilfe abhängig.
Bingu wa Mutharika, derselbe Präsident, der 2005 aus Angst vor Geistern aus seinem Präsidentenpalast floh – noch so eine Geschichte wie aus dem Mittelalter, beugte sich dem internationalen Druck. Als UN-Generalsekretär Ban Ki Moon nach Malawi reiste und dessen Agrarpolitik lobte, begnadigte Bingu die beiden Verurteilten am 29. Mai „aus humanitären Gründen“ – nicht ohne zu betonen, dass sich dadurch an der juristischen und gesellschaftlichen Situation nicht ändere: Chimbalanga und Monjeza hätten „ein Verbrechen gegen unsere Kultur, gegen unsere Religion und gegen unsere Gesetze“ begangen.
Die beiden wurden in der darauffolgenden Nacht freigelassen und von Gefängniswärtern getrennt in ihre Heimatdörfer gebracht. Weil ihre ursprüngliche Festnahme durch die Hetzjagd eines aufgebrachten Mobs verursacht war, ist die Situation heikel. Aktivisten sorgen sich nun um die Sicherheit der beiden Freigelassenen. Grünen-Politiker Volker Beck forderte die Bundesregierung auf, Monjeza und Chimbalanga Asyl anzubieten. Der Malawi-Länderspezialist von der deutschen Amnesty-Sektion, Stefan Berger, erklärte: „Amnesty fordert Malawis Regierung auf, das Paar vor Diskriminierung und Gewalt zu schützen.“ Sicher sind Chimbalanga und Monjeza noch lange nicht. Ihre Liebe bringt sie weiter in Gefahr, auch in Freiheit.
Die Autorin ist freie Journalistin und arbeitete unter anderem für einen Radiosender in Malawi. Sie lebt in Berlin.